Der nächste Spot trug den Namen "Lago Bianco" und stand auf unserer Liste eigentlich ganz oben drauf. Wir fuhren also den Julierpass weiter hoch und immer die Strasse entlang. Aber über uns bildete sich langsam ein schleierhaftes Gebilde aus feinen Wolken und dichter Nebel...

Ich hoffte dass sich das bald wieder auflösen würde und ein Blick auf der Wetterkarte zeigte uns die ganze Nacht einen klaren Himmel. Tatsächlich wurde es immer wieder mal sternenklar um in ein paar Kilometer wieder zu zuziehen. Diese wechselhafte Sprünge zogen sich weit über St. Moritz hinaus und während wir uns immer nähere Richtung Lago Bianco zubewegten, wurde es plötzlich neblig... immer dichter. Je weiter wir die Passstrasse hochfuhren, desto schlimmer wurde es, bis zu dem Punkt wo ich nur noch fast im Schritttempo fahren konnte, so extrem dick war der Nebel inzwischen schon. Irgendwann waren wir beim Ospizio Bernina angekommen und parkten davor. Wir stiegen aus und man sah echt gar nichts, vom See keine Spur und die Temperatur war unnatürlich kalt. Aber auch hier wieder... Der Wind! Die wenigen Autos die dort standen, waren auf der Fahrerseite alle mit einer feinen weissen Kristallschicht überzogen. Der Wind und der vom Boden gefrorene Schnee, haben wahrlich ein kleines Kunstwerk erschaffen und es dauerte nur ein paar Minuten bis auch unser Auto soweit "präpariert" wurde.

Der Plan bestand darin ein paar Nachtaufnahmen über dem See zu machen und einen rosafarbigen Sonnenaufgang festzuhalten. Aber in der Landschaftsfotografie kann man nur bis zu einem gewissen Punkt planen und wenn das Wetter so unberechenbar umschlägt, da hilft nur Geduld und auf jeden Fall mehrere Besuche an ein und denselben Spot, bis alle Faktoren perfekt zusammen greifen. Diesmal war es aber nicht der Fall und rein gar nichts änderte sich, auch nicht nach 5 Stunden warten inklusive Nickerchen.

Langsam dämmerte es in den Tag hinein. Wir konnten zwar keine Lichtquelle in Form einer Sonne entdecken, der Nebel war immer noch wie eine dicke Suppe, aber es wurde auf jeden Fall merklich heller und ein wenig ernüchternd nahmen wir die Tatsache an, dass es nichts mehr wird. Wir entschlossen uns weiter zu fahren und zwar Richtung Poschiavo. Ein gemütliches typisches Bündnerstädtchen. In der Tat verflüchtigte sich der Nebel, je weiter runter wir fuhren bis es vollends verschwand. Was aber übrig blieb war ein trüber Start in den Tag mit einem grauen tristen Himmel. Wir hielten am Bahnhof von Poschiavo schnell an um ein paar Lebensmittel zu kaufen und auch zusammen zu frühstücken. Auch um unsere Kräfte ein wenig zu sammeln und alternative Routen zu besprechen.

Es gab noch einige Orte die wir versucht haben zu besuchen, aber es war Winterzeit und die Routen waren geschlossen. Vorgemerkt sind sie auf jeden Fall für Mai/Juni aber nun standen wir da und dachten uns, wir probieren nochmals den Lago Bianco, schliesslich war der Nebel verschwunden und die Wetterkarten gaben doch Einblick in ein paar sonnige Abschnitte. Wir fuhren wieder hoch und je weiter wir dem See näherten, desto schlimmer wurde es. Wir übten uns in Geduld und gingen in das Ospizio um uns aufzuwärmen mit Cafe, Capuccino und heisse Schokolade. Und während die Zeit verging, tauchte wirklich hier und da der eine oder andere Sonnenstrahl auf und der See erschien nun langsam und die Weitsicht besserte sich. Wir packten unsere Sachen und liefen die nächste Strecke zum See runter. Alles war schneebedeckt und das Eis lag darunter. Nur an ein paar Stellen konnte man ein paar Eisblöcke durchschimmern sehen, die im richtigen Licht herrlich blau leuchteten. Doch die standen so weit in den See hinein, dass wir uns nicht trauten dahin zu laufen. Schliesslich konnte man vor lauter Schnee den Boden gar nicht sehen und somit war unmöglich zu erkennen wohin man laufen würde. Das Risiko war zu hoch und so schauten wir uns am erkennbaren Ufer noch ein wenig um und schliesslich packten wir alles zusammen und fuhren weiter... Bye Bye Lago Bianco, wir sehen uns dann nächsten Winter.

Der nächste Halt ist der Caumasee und so ging die Reise weiter. Müde und auch ein wenig enttäuscht aber wir wussten es, dass es vielleicht nichts wird. Die Reise war ja nicht durch und durch geplant, sondern sehr spontan auf die Beine gestellt und dass einige Rückschläge zu erwarten sind, ist klar und völlig normal.

Am Caumasee angekommen erholten wir uns erstmals ein wenig und stärkten uns mit essen. Am offiziellen Parkplatz des Caumasee standen wir ne Weile, bevor wir ausstiegen und uns für eine kurze Wanderung bereit machten. Inzwischen war schon später Nachmittag und vom berühmten Aussichtspunkt, machten wir auch noch ein paar Fotos, bevor es dann weiter nach unten ging. Wir liefen ein wenig um den gefrorenen See und suchten ein paar Perspektiven um in der blauen Stunde einfangen zu können. Es war eigentlich nicht geplant dass wir hier standen aber nun ist es so gekommen und ich versuche das beste draus zu machen. Ein paar Experimente würden jetzt eigentlich gut passen und so entwickelte sich eine Idee in meinem Kopf die ich Euch hier gleich näher erläutere.

Lago Bianco

Entstehung: Im Prinzip ganz einfach. Man muss halt schon die Idee Im Kopf haben um danach auch entsprechend vorgehen zu können.

Zuerst machte ich ein Panorama Foto der Landschaft in der blauen Stunde. Die Landschaft besteht aus  insgesamt 6 Bilder die zusätzlich noch je 3 Bilder verschiedenen Fokuseinstellungen aufweisen. Stichwort, Fokusstacking. Also insgesamt 18 Bilder.

In der Nacht habe ich ein 12-teiliges Panorama gemacht mit dem Sternbild Orion und einige Nebelschwaden die am Himmel hingen. Zusätzlich machte ich für jedes einzelne Panorama-Teilfoto noch extra 5 Aufnahmen dazu um diese dann später per Photoshop zu stacken. Einerseits um das Rauschen zu minimieren, andererseits um die Details besser rauskitzeln zu können. Für den Himmel verwendete ich aber nicht meine Vollformatkamera sondern meine astromodifizierte Kamera und der Loop in der Orion Region auch einigermassen gut darstellen zu können. Später zuhause gab es auch ein ziemliches Gebastel am Photoshop aber ich hoffe es hat sich gelohnt.

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Für uns auf jeden Fall, denn schlussendlich ist es egal wo wir sind, solange wir glücklich sind... und das waren wir.

4 thoughts on “Flucht aus dem Nebel”

  1. Salü Fabio
    Ich habe Dich heute in Facebook besucht und finde Deine Pics einfach Geil, wenn ich es so ausdrücken darf.
    Nachtaufnahmen finde ich auch sehr spannend und interessant. Frage an Dich: Wie wäre das Bild rausgekommen, wenn Du keine astromodifizierte Cam benutzt hättest? Was wäre farblich nicht rübergekommen? Ich habe eine D7100, möchte die aber nicht modifizieren weil ich die Tagsüber auch noch im Sinn habe zu gebrauchen. 🙂 Diese ist letztendlich Arbeitsgerät für alles. Darf ich Dich auf diesem Weg fragen, welches Objektiv ich für Fotos ab Stativ als Astrofotografie verwenden kann?
    Sigma 18-38/1.8, Sigma 24 – 70/2.8, Sigma 150/2.8, Tokina 11-16/2.8.
    Bin in im Astrobereich halt noch ein Grünling.
    Lg Renato

    1. Hallo Renato
      Entschuldige die späte Antwort!
      Freue mich sehr Dass Du den Weg hierher gefunden hast. Also ohne Astromodifizierte kamera ist auch schon eine Menge möglich. Schau mal die meisten Milchstrassenbilder von mir, sind auch mit einer unmodifizierten Kamera entstanden. Wichtig hierbei finde ich einen Vollformatsensor dass bei hohen ISO Werten gut mit dem Rauschen klar kommt. Weitwinklige und lichtstarke Objektive sind auf jeden Fall ein Muss. Mit Deinem Equipment hast Du schon ziemlich viel Potenzial. In Deinem Falle würde ich mit 18mm und Offenblende arbeiten. Es gibt auch einige Techniken um noch mehr mittels Bildbearbeitung rauszuholen. Wenn Du Interesse hast, kannst Du Dich ja sonst auch für ein Workshop bei mir anmelden. Ich bin mir sicher, dass ich Dir so eine grosse Hilfe sein kann und Dich sehr weiterbringt 🙂
      Liebe Grüsse
      Fabio

  2. Hmm…was soll ich da jz noch schreiben. Die Story ist wunderschön und man kann echt mitfühlen und weckt wunderschöne Erinnerungen an gemeinsame Spot Besichtigungen mit nem Menschen den man gerne um sich hat. Ich folge und lese auch liebend gern deine Beiträge auf fb…darum dacht ich mal du freust dich hier vielleicht auch. 🙂
    Also…macht weiter so… <3

    1. Hallo liebe Ulli, vielen Dank dass Du auch hier vorbeischaust 🙂 Dich lese ich immer gerne! Es ist wirklich schön jemanden so wunderbares an seiner Seite zu haben. Ich werde auf jeden Fall diesen Weg weitergehen ^^ Liebe Grüsse

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