Es war lange geplant und trotzdem sind wir ganz spontan losgefahren. Nach dem Frühstück haben wir die Sachen gepackt, das Auto geladen, noch einige Kleinigkeiten erledigt und uns dann sofort auf dem Weg gemacht. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht was auf uns zukommt, aber wir spürten dass wir es nie vergessen werden...
... Wir waren auf der Fahrt gut gelaunt und so sehr gespannt auf die Dolomiten. Gewaltige Bergmassive die in Ihrer Einzigartigkeit ihresgleichen suchen. Geplant waren auch noch ein paar Tage am Strand, denn obwohl wir nie im italienischen Gebirge waren, wussten wir doch dass durch die darauffolgenden Strapazen dringend eine Erholung am Strand nötig sei. Doch erstmal machten wir uns auf dem Weg Richtung Graubünden zur Grenze von Liechtenstein um diese zu überqueren und in Österreich einzutreffen. Die Fahrt durch dieses Land war sehr interessant, mit unheimlich tollen Berglandschaften die sich definitiv lohnen auch eines Tages zu besuchen. Doch nun hatten wir keine Zeit denn vor uns lagen die Dolomiten und wir waren komplett darauf fokussiert.
Gegen Abend hin sahen wir am Horizont die ersten Gipfeln der Region und wir freuten uns schon sehr darauf. Wir machten noch einen kurzen Abstecher zum Toblacher See und erkundeten auch da ein wenig die Umgebung, sogar einige Fotos landeten auf der Speicherkarte. Allzu lange verweilten wir aber nicht an diesem Ort, denn es ist nicht mehr lange bis zu den 3 Zinnen. Langsam wurde es dunkel und als wir vor der Straßenbarriere standen die uns hoch zum ersehnten Spot führte, entschieden wir uns, ein kleines Stück weiter unten beim " Lago Antorno", Rast einzulegen und uns ein wenig zu verpflegen. Ich wollte die Gegend unbedingt zum ersten Mal bei Tageslicht sehen.
Bei der Inspizierung des kleinen Sees, fiel mir eine kleine süße Brücke auf, mit der ich in der Nacht noch was vorhabe. Was genau?... Das zeige ich Euch ganz bald 😛
Wir machten es uns im Auto bequem und kuschelten uns ein, denn die Temperaturen fielen extrem rasch auf 8°.
Aber wie sollte ich denn eigentlich schlafen können? Nur noch ein paar Kilometer, 10 Minuten Fahrtzeit und ich würde die Zinnen sehen, die unglaublich schöne Landschaft der Dolomiten. Zugegeben, ich war aufgeregt, aber die Müdigkeit hat Überhand angenommen und so fielen wir in einem leichten Schlaf.
In der Morgendämmerung packte ich die Kamera und lief nochmals zu dieser kleinen Brücke und machte noch ein paar Aufnahmen davon, bevor es dann wirklich losging.
Die Strecke war kurvig und extrem steil, aber als wir oben ankamen, stockte uns wirklich der Atem! Ein so gewaltiges Panorama wie ich es selten erlebt habe. Wo soll ich bloß anfangen :-D. ich machte einige Fotos aus verschiedenen Perspektiven und Blickwinkel und hatte bis zur wärmenden Sonne, schon einige 100 mal auf den Auslöser gedrückt.
Die Parkplätze standen direkt am Fusse der 3 Zinnen die gewaltig über uns emporragten. Doch wir sahen nur die Rückseite der Gipfel und mussten uns nun langsam bereit machen für die Wanderug drum herum. Das ganze Fotoequipment und ein zusätzlicher Rucksack mit 6 Liter Wasser, Decken, Kissen, Zelt, Schlafsack, Lebensmittel und weitere kleine Survival Gegenstände, die uns einen angenehmen und sicheren Aufenthalt am Nachmittag und über die Nacht gewährleisteten.
Wir entschieden uns den östlichen, längeren Wanderweg zu nehmen, der anfangs gemütlich beschritten werden konnte, doch später schon einen ziemlich steilen Aufstieg offenbarte. Auf dem Weg dahin, kamen wir auch ins Gespräch mit ein paar andere Wanderer, die uns erzählten dass auf den Pfaden oben noch sehr viel Schnee liegt und es dadurch zu gefährlichen Situationen kommen könnte. Wir waren gefasst und konzentriert und oben angekommen, war tatsächlich ein kurzer Abschnitt komplett unter dem Schnee. Ein Bagger räumte gerade den Pfad frei und wir liefen den Hang hoch, durch die weiße Decke, um weiter vorne zurück auf den geräumten Wanderweg wieder zu gelangen.
Ganz weit vor uns lag die berühmte Kapelle die schon auf etliche Fotos zu sehen ist. Da wollten wir nicht hin, stattdessen liefen wir runter zum Tal, ziemlich Nahe am Fusse der Zinnen um die Gegend zu erkunden und die markanten Gipfeln direkt vor uns zu haben. Nachdem wir einen geeigneten Platz gefunden haben, total verschwitzt, müde Beine, kleiner Sonnenbrand im Gesicht und extrem durstig, stellten wir unser Zelt auf und richteten uns ein. Es war nun ca. 13 Uhr und merkten erst jetzt das wir über 2 Stunden auf dem Weg waren. Eine unglaublich große Region und exakt in diesem Moment dachte ich mir:
Wenn jetzt irgendetwas passieren würde, könnten wir keine Hilfe holen. Das Auto war auf der Nordseite der Zinnen, weit und breit kein Mensch und ein Handynetz gab es hier oben auch nicht. Ich streifte die Gedanken rasch ab und da wir letzte Nacht sehr wenig geschlafen hatten und die Strapaze bis hierher uns doch einiges abverlange, legten wir uns ins Zelt für eine Siesta. Es war angenehm warm und friedlich....
Es donnert laut über uns, wir wachten auf, schauten uns noch total verschlafen aber mit aufgerissenen Augen an und krochen aus dem Zelt raus. Was wir da sahen war wirklich unglaublich bedrohlich, von Norden her bäumte sich eine riesige Gewitterzelle auf, die sich langsam Richtung Süden bewegte... also direkt auf uns zu. Während ich noch studierte, knallte es ganz in der Nähe noch heftiger und lauter. In weiter ferne sahen wir ein paar Leute, die in einem schnellen Tempo an der westlichen Seite vor dem Gewitter flüchteten.
Ich wollte es nicht riskieren hier zu sein, die massive Superzelle baute sich immer schneller über unseren Köpfen aus und wir mussten nun schnell reagieren. Das Zelt wieder abzubauen würde uns wertvolle Zeit kosten, also entschlossen wir uns es zurück zu lassen. Nur das Kamera Equipment mitnehmen und den Rest haben wir ins Zelt geworfen.
Doch den extrem langen und anstrengenden östlichen Wanderweg wollten wir nicht mehr nehmen und entschieden uns als für den Westweg. Wir kletterten quasi runter und folgten in großem Tempo dem kleinen Pfad. Wir hatten echt ein wenig Angst, denn es blitzte um uns herum und donnerte so extrem ohrenbetäubend, eine gewaltige und furchterregende Macht bildete sich über uns. Wir spürten die ersten Regentropfen und liefen noch schneller. Der Lärm hörte nicht mehr auf und die Entfernungen.... unfassbar, es dauerte so lange von einem Punkt zum nächsten zu gelangen. Panik breitete sich auf. Wir hatten gerade mal 3 Stunden geschlafen und die Steigungen wurden auch immer steiler und unsere Kräfte waren jetzt schon bereits am Limit. Immer noch total verschlafen, kam das nächste Dilemma dazu... Hagel! Wir fingen nun an zu rennen, doch was ist mit dem atmen? Wir mussten in dieser Hölle immer wieder ein paar Sekunden nach Luft schnappen um dann erneut einige Meter zu flüchten. So vieles ging mir durch den Kopf, hatte ich metallische Gegenstände bei mir? Sollen wir uns irgendwo niederkauen und abwarten? Und schon wieder ein gewaltiger Knall, eingeschlagen direkt vor uns. Meinem Schatz schwanden die Kräfte und ich packte Ihre Hand um sie zu ziehen. Jedesmal wenn wir um eine Ecke herum kamen, hofften wir in der ferne den Parkplatz zu sehen, aber nichts da... es war so ernüchternd. Der Weg ist unglaublich lang! nach ein wenig mehr als eine halbe Stunde haben wir es geschafft, total durchnässt mussten wir noch die letzte Anstrengung durchmachen und die Strasse nach oben zum Auto schaffen. Ich konnte kaum mehr atmen und das Herz pochte mir schon aus den Ohren raus. Schlüssel.... Wo ist der Autoschlüssel!?
Elena machte die Autotüren auf und guckte mich mit einem Todesblick an, konnte aber ein Lächeln entdecken. Das bisschen Gepäck was wir hatten, warfen wir ins Auto und uns selber gleich mit, denn die Gewitterzelle war nun direkt über uns!
Doch unser Ein und Ausatmen war lauter als das Donnerwetter da draußen und wir brauchten ein paar Sekunden um uns zu beruhigen! Wir schauten uns an und lachten los 😀 Wir haben es überlebt!
Die weiteren Stunden verbrachten wir damit ein paar Videos der Blitze aufzunehmen, uns zu trocknen, eine Schadensbegrenzung durchzuführen und immer wieder die Wetterkarten zu checken... das Zelt stand oder lag noch da draußen und ich wollte es wieder haben. Außerdem bin ich auch hierher gekommen um die Milchstraße aufzunehmen und ich lass mich doch nicht von so eine Hippie Gewitter vertreiben, oh Nein, verdammt.... abwarten bis es vorbei ist und dann laufen wir wieder los, die ganze Strapaze nochmals aber ich spürte tief in meiner Seele, dass es sich lohnen wird!
Der Abend rückte näher, das Gewitter zog langsam aber sicher an uns vorbei und im Westen lockerten sich die Wolken und die Sonne schaffte es auch immer stärker durchzubrechen. Nach reiflicher Überlegung und neu gesammelten Kräften, starteten wir erneut einen Versuch und liefen den Weg wieder zurück... was für Spinner dachten wir uns, aber ja das sind wir <3
Keine Menschenseele war zu sehen, wir waren die einzigen aber wir haben das durchgezogen! Immer wieder mit dem Blick zum Himmel, versuchten wir zu eruieren wie sich das Wetter entwickelt und mit größter Vorsicht und auch Gemütlichkeit spazierten wir bis zu unserem Zelt. Es stand noch da und hat dieser Naturgewalt getrotzt. Wenn ich bedenke dass ich das für knapp 50 Schweizer Franken erworben habe, war das doch eine geniale Investition. Und es musste sich im Verlauf unserer Reise nochmals bewähren. Dazu aber bald mehr.
Der tiefblaue Himmel zeigte sich nun immer mehr und die Wolken zogen weiter oder lösten sich einfach auf. Das Zelt haben wir auch wieder und die Milchstraße darf nun ruhig kommen. Wir waren zuversichtlich und jetzt auch sehr positiv gestimmt. Wir verbrachten die Nacht ruhig und friedlich im Zelt und ich konnte meine Aufnahmen der Milchstraße vollenden...
Love & Peace
Fabio
Schön geschrieben! Deine Erinnerung macht das Bild umso wertvoller. 👍
Vielen lieben Dank! Hast Du schön gesagt, denn Erinnerungen sind schlussendlich alles was uns übrig bleibt und wir immer wieder mitnehmen.
Liebe Grüsse
Fabio
Hi Fabio, ne harte Nummer habt Ihr da erlebt. Aber genau sowas gehört dazu zur Landschaftsfotografie. Die Natur mit all ihrer Gewalt am eigenen Wesen spüren. Im August werden wir auch ins Drei-Zinnen-Gebiet fahren zum Fotografieren. Bin gespannt. Deine Berichte lese ich immer sehr gerne. Und Deine Bilder sind eh der Traum. Danke für das, was Du tust.
Herzliche Grüße, Werner
Werner, Du hast vollkommen Recht, das gehört nun mal dazu und das versuche ich auch manchmal einigen Leuten begreiflich zu machen, welche Strapazen überhaupt aufgenommen werden um ein einziges Foto im Kasten zu haben. Es ist eigentlich der Wahnsinn und ich liebe es 😀
Im August wären zumindest die rettenden Hütten offen und würde in einem solchen Fall einiges erleichtern. Ich wünsche Dir viel Spass und immer bestes Licht in dieser fantastischen Region.
Vielen Dank für Deine Wort und liebe Grüsse
Fabio
Wahnsinn, was ihr da erlebt habt und wieviel Glück ihr hattet, das hätte wirklich schief gehen können!
Passt auf euch auf
Hi Gabi, ja hätte wirklich schiefgehen können, zumindest bestand die Chance dazu. Aber war wohl noch nicht Zeit dafür 🙂 Werden auf jeden Fall nächstes Mal noch vorsichtiger sein, als auch schon.
Liebe Grüsse
Fabio
Hi Fabio. Wie immer, grossartige story, feinfühlig und kunstvoll beschrieben. Grids Aus New Zealand . Thomas 👍👍
Hallo Thomas, vielen lieben Dank für Dein Kommentar hier. Ich freue mich immer von Dir zu lesen! Liebe Grüsse aus der Schweiz and say hi to the Kiwis 😀