Nachdem wir an diesem sehr gespenstischen Ort im Tessin waren, fuhren wir schnurstracks weiter Richtung Osten, um genau zu sein ins Graubünden. Ein Kanton dass ich zu meiner eigenen Schande wirklich zu wenig oft besucht habe. Wird aber in Zukunft ganz sicher wieder aufgeholt...
Die kleine Reise war nicht nur da um ein paar Fotos zu machen, sondern es war auch eine Erkundungsreise, neue Plätze aufzusuchen, neue zukünftige Planungen zu integrieren und wir wurden fündig, und wie! Im Frühling/Sommer werde ich, unter anderem, sehr oft im Bündnerland anzutreffen sein um meine Ideen umzusetzen.
Der erste Standort den wir besuchten war das Landwasser-Viadukt in Filisur. Ein gewaltiges Bauwerk dass auch seit 2008 auf der Liste der UNESCO aufgeführt wird. Wir sind vom Tessin aus ziemlich spät losgefahren, so dass die logische Konsequenz davon war, dort Nachts anzukommen. Wir fuhren erstmal zum Dorf Filisur um nach leichtem herumirren zu merken, dass wir ein kleines Stück zu weit gefahren sind. Demzufolge fuhren wir nochmals zurück und ganz unscheinbar auf der rechten Seite befindet sich am Anfang eines Waldes eine grössere Parkbucht. Wir hielten dort an und schauten uns erstmal kurz um, verglichen die Karten und merkten dass wir der Eisenbahnbrücke schon ziemlich nahe waren.
Wir stärkten uns mit ein wenig Fingerfood und heißen Tee und zogen uns ein wenig wärmer an.. ein wenig ist doch stark untertrieben 😀 die Temperatur bewegte sich doch um den Nullpunkt herum und meinen Tiefkühlanzug und Moonboots sind immer schön dabei. Elena war auch in einem "Michellinmännchenaussehenden" Skianzug dicht bepackt und so checkten wir noch unsere Taschenlampen und liefen los. Der Fluss auf unserer rechten Seite rauschte und aus den Gebüschen links von uns raschelte es immer wieder mal. Vermutlich Hasen oder Rehe, aber eins ist sicher... ich Liebe es! Die Natur ist immer so echt und unverfälscht, man fühlt sich zuhause... bis wir dieses gewaltige beleuchtete Konstrukt vor uns sahen, der Fluss unten durch fließend und genau in diesem Augenblick ein Zug das darüber fuhr und die gesamte Gegend erleuchtete, so plötzlich das Schauspiel zu sehen war, so rasch verflog es auch wieder und wir fingen an ein paar gute Stellen zu suchen um die Kamera aufzustellen. Da die Säulen beleuchtet sind, ist dieser Spot doch sehr dankbar um es im dunkeln zu fotografieren. Es erlaubte kürzer belichtete Aufnahmen und niedrige ISO-Werte, damit ich den Vordergrund relativ sauber abbilden konnte. Doch dazu später mehr.
Die Stelle mit Blick Richtung Süden hat mir vom Bildaufbau am besten gefallen, jedoch besonders wegen der Tatsache das es Richtung Süden ist... ja genau Süden 😀 Und was ist Richtung Süden zu sehen? Ganz genau, die Sommermilchstraße! Und darum werde ich Mitte Jahr nur schon deswegen diesen Ort erneut aufsuchen.
Diese Nacht war der Himmel mit hartnäckigen Schleierwolken durchzogen, so machte ich erst ein paar Testaufnahmen aus dieser und jener Perspektive und während ich fotografierte, sprudelte ich vor Ideen, denn auch Richtung Norden ist aus einer ganz bestimmten Blickrichtung der Polarstern genau über dem Viadukt zu sehen. Das bedeutete für mich natürlich gleich Startrails und dazu die schöne Holzbrücke im Vordergrund... wirklich ganz fantastisch und gehört nun auf jeden Fall zu einem meiner Lieblingsplätze für Sternenaufnahmen in der Schweiz.
Eines von vielen Fotos diese Nacht möchte ich Euch hier gerne zeigen und dazu auch ein paar Tipps zur Technik preisgeben, sowohl für die Praxis vor Ort selbst, wie auch die Bearbeitung in Photoshop. Ich hoffe ich kann Euch so ein wenig Unterstützung geben 🙂
Die Praxis vor Ort:
Es war wie schon erwähnt leider schon dunkel und meine Vorgehensweise ist sehr oft eine andere, aber gut belichtete Landschaftsbilder nachts zu machen ist absolut möglich, erst recht wenn die Gegend schon recht gut beleuchtet ist, wie hier beim Landwasser-Viadukt. Als erstes habe ich mir eine gute Position gesucht und einige Testfotos gemacht um zu schauen ob mir die Perspektive gefällt. Die Kamera bleibt fest auf dem Stativ und ganz wichtig, darf nichts mehr bewegt werden bis alle Fotos im Kasten sind. Ich habe in diesem Falle ein dunkles belichtetes Bild erstellt, nur um die Lichter korrekt darzustellen, die ja schon bei sehr kurzer Belichtungszeit total ausgebrannt sind. Die nächste Aufnahme habe ich 25 Sekunden belichtet um die Sterne gut abbilden zu können. Auf dem ersten Blick sieht sogar die Landschaft relativ gut aus, aber der Schein trügt. Nicht nur das ich eine Offenblende von 2.8 benutzt habe und somit der Vordergrund zwangsläufig an Schärfe verliert, sondern die ISO war auf 3200 eingestellt für die Sterne. Wenn man ein wenig reinzoomt, dann ist auch alles total verrauscht. Somit kommen wir auch zum dritten Bild. Diesmal habe ich die ISO auf 800 gestellt, die Blende auf 8 und die Belichtungszeit auf 8 Minuten. Wegen der geschlossenen Blende bleibt alles ziemlich scharf und die niedrige ISO in Kombination mit der langen Belichtungszeit, eröffnet uns gutes Ausgangsmaterial. Natürlich sind die Sterne nun total verzogen, aber genau darum haben wir die vorherige Sternenaufnahme gemacht.
Wenn diese 3 Bilder im Kasten sind, darf das Stativ wieder bewegt werden und so tat ich das auch und versuchte mehrere Positionen aus.
Die Bildbearbeitung in Photoshop:
Natürlich kann man mit diesen 3 Bilder in diversen Kameraeinstellungen noch nichts anfangen und erst in Photoshop eröffnen sich geniale Möglichkeiten.
Als erstes öffnen wir alle 3 Fotos als Ebene untereinander auf und zwar in folgender Reihenfolge:
- Oben: Das Dunkel belichtete Bild
- Mitte: Die 8 Minuten Langzeitbelichtung
- Unten: Die Sternenbelichtung
Nun werden wir uns zuerst auf das Dunkelbild fokussieren und darauf mit Alt + Maskensymbol eine schwarze Maske erstellen. Sofort wird das Dunkelbild ersetzt durch das darunterliegende Foto (Mitte) und nun können wir mit einer weichen Pinselspitze und einer geringen Deckkraft (5-10% vorsichtig die Lichtsäulen ausmalen und die korrekt belichtete darunterliegende Aufnahme zum Vorschein bringen. In diesem Fall habe ich nicht zuviel gepinselt, da ich doch die Leuchtkraft bis zu einem gewissen Punkt aufrecht erhalten wollte.
Als nächstes setzen wir das mittlere Bild (Langzeitbelichtung) auf aktiv. Doch diesmal erstellen wir eine weiße Maske. Dadurch verändert sich noch nichts am Bild, aber wenn wir mit einer weichen Pinselspitze und 100% Deckkraft lediglich über den Himmel malen, erscheint der korrekt belichtete Sternenhimmel (Unten) und wir können dann vorsichtig diesen zum Vorschein bringen.
So ist das Bild auf jeder Ebene perfekt belichtet. Die Lichtsäulen sind nicht überbelichtet, wenn auch hart an der Grenze :-P, der Sternenhimmel ist korrekt dargestellt und der Vordergrund ist praktisch rauschfrei perfekt durchbelichtet. Ab hier sind im Workflow der Kreativität keine Grenzen gesetzt.
An dieser Stelle möchte ich gerne nochmals dran aufmerksam machen, dass Ihr bei mir auch ein Image Processing Coaching buchen könnt <3
Ich hoffe die Tipps waren nützlich und Ihr könnt sie auch auf andere Situationen so übertragen.
Love & Peace
Fabio
Sehr toll beschrieben fabio! Danke 🙂
Vielen Lieben Dank! Freu mich sehr wenn es Dir auch weiterhelfen konnte 🙂